Leuna Tankstelle Haupttorplatz

Leuna Tankstelle Haupttorplatz

Bildquelle:Bundesarchiv Bild 111-098-075

Entwürfe des Planungsbüro Konrad GmbH Co.KG Stadtlohn zur Neugestaltung der ehemaligen Tankstelle


Auszug aus dem LEUNAER STADTANZEIGER Nr. 10/2012 - S. 6

Ein Stadtrundgang

Liebe Leserinnen und Leser,
An dieser Stelle darf eine Reihe von Beiträgen zu Bauwerken, städtebaulichen Besonderheiten und Gebäuden in der Kernstadt und den Ortschaften von Leuna eröffnet werden. Die Idee und deren Verwirklichung hierzu sind dem gemeinsamen Interesse der Beteiligten für historische Details und der Liebe zur Gartenstadt, dem Leben und Wirken Karl Barths und der Hoffnung geschuldet, dass Akzeptanz, Interesse und vielleicht auch die ein oder andere Idee zur weiteren Nutzung der betrachteten Bauten, Gebäude und Anlagen bei den Leserinnen und Lesern geweckt und vielleicht auch mitgeteilt wird.
1918 errichtete die MÜBAG (Merseburger Überlandbahn AG) an der Nordseite des Haupttorplatzes in der Kernstadt eine Umformerstation für Straßenbahnstrom. Unmittelbar daneben errichtete das Leuna-Werk 1920 ein weiteres Gebäude, das bis 1926 als Fahrradverkaufsladen, Reparaturwerkstatt und Elektroinstallationswerkstatt von Herrn Otto Felsberg genutzt wurde.1926 begann der Umbau beider Gebäude zur Tankstelle, dem heute hier betrachteten "Tankstellengebäude am Haupttorplatz". Grund hierfür dürfte u.a. die Tatsache gewesen sein, dass die im März 1920 gegründete Gasolin AG, die den Vertrieb des "Leuna-Benzins" übernommen hatte, dem ihr gegenüber, im Zusammenhang mit dem Benzinvertrieb, mittlerweile erhobenen Vorwurf der Verunstaltung der Umwelt entgehen wollte. Ab 1927 wurde sogar ein Architekt und Designer -Peter Behrens- mit dem Entwurf von Zapfsäulen und Tankstellen beauftragt. Gleichzeitig entwarf der Architekt Hans Poelzig Typentankstellen in vormontierter Bauweise auch "Leuna-Tankstellen" genannt. 1931 wurden Schaufenster eingebaut und das Gebäude mit Werbeträgern versehen.

Auf Betreiben des Leuna-Werkes wurde 1934 das sich im Obergeschoss befindende Lager zu Wohnraum umgebaut. 1938 kamen noch ein größeres Vordach und nach dem Entwurf des Architekten Karl Grübe (Merseburg) ein Werkstattanbau hinzu, der 1943 unter der Leitung des Architekten Nowakowsky (Leuna-Werke) zur "Tankstellenwerkstatt" erweitert wurde.


US Einheiten in Leuna 1945 (Haupttorplatz)

US Einheiten in Leuna 1945 (Haupttorplatz)

Bildquelle:www.69th-infantry-division.com

Am 20. Juli 1944 bekam das Gebäude leider einen schweren Bombentreffer und wurde 1950 wieder aufgebaut und wieder als Tankstelle betrieben, nunmehr von "Minol". Es überstand als Tankstelle auch die Wendewirren, nunmehr zu "Elf" gehörend und wurde immerhin noch bis 2007 als solche genutzt. Seitdem gerät es - mangels sinnvoller Nutzung - immer mehr in Vergessenheit und fristet ein eher vernachlässigtes Dasein, was bekanntermaßen die stete Gefahr des Zerfalls und nachfolgend des Abrisses in sich birgt.

Das Faszinierende des Gebäudes ist natürlich zunächst seine mit dem "Leuna-Benzin" eng verknüpfte Geschichte. Die Kohlehydrierung in Leuna, die Herstellung synthetischen Benzins ist weltbekannt, vor allem auch wegen des bis dato anderswo nicht erreichten Umfangs (1926 ca. 100.000 t/Jahr). Insofern dürfte es sich zwar nicht um das weltweit erste "Tankstellengebäude" handeln - wie oftmals vermutet - hier waren die Amerikaner wohl schneller - aber - und das ist ja auch erwähnenswert - um die erste Tankstelle weltweit an der "deutsches"- nämlich "Leuna-Benzin"- vertrieben wurde. Die Lage des Gebäudekomplexes ist zentral und exponiert und bietet aus hiesiger Sicht ideale Voraussetzungen für die Nutzung - natürlich nicht mehr als Tankstelle - aber unter Herausstellung der historischen Besonderheiten, z. B. der noch vorhandenen Zapfsäulen usw. als Informationspunkt und Stadtinformation und damit einen idealen Anlaufpunkt für Einwohner, Besucher und Interessierte, die sich in der "Grenzlandschaft" zwischen Werk und Gartenstadt, am Haupttorplatz, dem "Einfallstor" zur Stadt und dem Werk, erste Eindrücke und Ansichten von der Stadt und ihren Besonderheiten, vielleicht auch in der besonderen Beziehung zum Werk, verschaffen wollen.

Derzeit wird das Gebäude zwangsverwaltet bzw. zwangsversteigert. Private Interessenten mit sinnvollen Nutzungsvorstellungen sind nicht in Sicht, es sei denn - wie in der jüngeren Vergangenheit mitgeteilt - zur Nutzung eines Dönerimbisses - was wohl nicht wirklich sinnvoll erscheint -, so dass - wenn Interesse an der Erhaltung besteht - die Stadt gefragt sein dürfte.


Uwe Berthold (Bauausschuss)