Horst Erich Reinhold August von Wunsch

August Rostergs "Gentlemen's Agreement" mit dem amerikanischen Geheimdienst OSS, und das Ausschalten der deutschen Treibstoffwerke 1944/45.

TV-Tipp: MDR Programm 09. September 2025, 21:00 Uhr, 44:30 min

DER SPION VOM GEISELTAL (Der Osten - Entdecke wo du lebst)

Das Mineralölwerk Lützkendorf ist während des Zweiten Weltkriegs wichtigster Teil der deutschen Treibstoffversorgung. Hier wird aus Braunkohle synthetisches Benzin hergestellt. Kriegswichtig für die deutsche Wehrmacht. August Rosterg ist der Eigentümer. Und ausgerechnet dieser Mann, der mit der NS-Kriegswirtschaft Milliarden verdient, wird zum Verräter. Hat er damit den Zweiten Weltkrieg um etliche Monate verkürzt?

August Rosterg ist Mitte des 20. Jahrhunderts einer der reichsten deutschen Industriellen - Besitzer der Wintershall AG, enger Unterstützer der Nazis - und später Informant des US-Geheimdienstes OSS. Ausgerechnet dieser Mann, der mit der NS-Kriegswirtschaft Milliarden verdient, wird zum Verräter - aus eigennützigen Motiven: um sein Vermögen zu retten. Hat er möglicherweise mit seinem Verrat, den Zweiten Weltkrieg um etliche Monate verkürzt? Das ehemalige Mineralölwerk Lützkendorf am Geiseltalsee in Sachsen-Anhalt ist während des Zweiten Weltkriegs zentraler Teil der deutschen Treibstoffversorgung. In der von der Wintershall AG betriebenen Anlage wird aus Braunkohle synthetisches Benzin hergestellt. Die Panzer und Flugzeuge in Hitlers Armee sind vom Nachschub aus Lützkendorf abhängig. Das machte das Werk zu einem vorrangigen Ziel alliierter Bombenangriffe. Dass das Werk 1944 letztlich zerstört wird, geht auf einen der spektakulärsten Spionagefälle des Krieges zurück.

Im Zentrum des Films stehen zwei Menschen, die Jahrzehnte später die Puzzleteile dieser Geschichte zusammenfügen: der Lokalhistoriker Matthias Koch, dessen Leben eng mit dem Ort verwoben ist - und die schwedische Journalistin Maja Falkeborn Willner, Enkelin des legendären Ölspions Eric Erickson. Ihre Recherchen führen von Archiven in Stockholm bis zu Bombenkratern in Sachsen-Anhalt. Mit exklusiven Archivmaterialien, neuen Funden aus amerikanischen Geheimdienstakten und sehr persönlichen Zeitzeugenberichten erzählt der Film eine vergessene Geschichte voller Brüche: von wirtschaftlicher Skrupellosigkeit, moralischer Ambivalenz - und davon, wie ein kleiner Ort zur Bühne weltpolitischer Entscheidungen wurde.

Ein packendes Geschichtspuzzle zwischen Lokalhistorie und Weltgeschichte - spannend wie ein Spionagethriller, dokumentarisch präzise erzählt.

Horst von Wunsch

Horst von Wunsch

Direktoren der OJS: H. v. Wunsch links stehend, C. W. Buente rechts stehend, K. Albrecht 2.v. l. sitzend

Quelle: 100 Jahre Schindler , Müller/ Schlapkohl, Husum-Verlag

Horst v. Wunsch wurde am 11. April 1905 in Hamburg geboren. Seine Kindheit verbrachte er, laut eigenen Angaben in Entnazifizierungsakten, größtenteils in der Schweiz. Bis 1929 arbeitete er im elterlichen Betrieb A. Engisch & Co. in Basel die Nähseide herstellte. Nach dem das Unternehmen Konkurs anmeldete, begann er als kaufmännischer Angestellter bei der Rhenania-Ossag Mineralölwerke A.G. Düsseldorf und wechselte später in die Hauptverwaltung nach Hamburg. Hier stieg er zum Leiter der Abteilung "Motorenöle und Luftfahrt" auf und erhielt im Unternehmen Prokura. In den Jahren 1933/34 bekam v. Wunsch mit seinem Arbeitgeber (Deutsche Shell - Rhenania-Ossag Mineralölwerke A.G. Düsseldorf) Schwierigkeiten, da er die NSDAP ablehnte und der DAF zuerst nicht beitreten wollte. Später trat er, nach eigenen Angaben, den NSFK (1934 o. 1935), DAF (1935), NSV (1935), NS Altherrenbund (1935) und dem Reichsluftschutzbund (1940) bei. In späteren Entnazifizierungsakten gibt er die Mitgliedschaft als Zwangsmitgliedschaft an, die von Shell gefordert wurde. Seine Mitgliedschaft im NS Altherrenbund resultiert aus der früheren Studentenverbindung "Palatia" der Universität Karlsruhe.

Im Jahr 1940 beendete er sein Arbeitsverhältnis aus persönlichen Gründen und wird Geschäftsführer der Oelwerke Julius Schindler GmbH (OJS) in Hamburg. Dieses Unternehmen gehört seit 1938, durch Arisierung, zur Deutsche-Raffinerie AG (DEURAG-NERAG) Misburg bei Hannover. Sein Netto-Gehalt bei den Oelwerken Julius Schindler betrug 20.000,- RM per annum, welches um 5000,- RM höher war, wie als Prokurist bei der Rhenania-Ossag. Als Schlüsselkraft in der Erdölindustrie ist er während der Kriegsjahre 1939-1945 u.k. (unabkömmlich) gestellt. H. v. Wunsch reist mehrfach jährlich für Rhenania-Ossag und später für die Ölwerke Julius Schindler zu Kundenkontakten in verschiedene europäische Länder, nach Kriegsbeginn sind diese auf verbündete oder besetzte Gebiete begrenzt. Nach den Ereignissen um den 20. Juli 1944 wird im sein Reisepass entzogen.

Oelwerke Julius Schindler G.M.B.H.

Oelwerke Julius Schindler G.M.B.H.

In einem Anschreiben vom 28. Januar 1946 an die Verwaltung der Hansestadt Hamburg - Landwirtschaftsamt - ,weist H. v. Wunsch im letzten Absatz auf folgendes hin, welches er im Fragebogen zu seiner Person und Tätigkeit im 3. Reich nicht erwähnt hätte.

"...Ich habe in den Fragebogen nicht erwähnt, dass ich über meinen aktiven Einsatz gegen das Regime in Verbindung mit den Ereignissen des 20.7.44 eine schwedisch-amerikan. Bestätigung vom 15. Oktober 44 erhielt..."

Diese Bestätigung scheint H. v. Wunsch von dem schwedische Ölhändler Eric Erickson in der Tat erhalten zu haben, als er in der Zeit vom 9. bis zum 20. Oktober 1944 Deutschland bereiste, um mit A. Rosterg die besagten Treibstoffwerke zu inspizieren und Radolfzell am Bodensee einer seiner Stationen war (Wangen/ Radolfzell war private Wohnadresse von H. v. Wunsch). In dem Nachlass, den E. S. Erickson hinterließ und der sich heute in schwedischen Archiven befindet, gibt es eine Kladde/ Manuskript mit der Aufschrift "Arsberättelse 1944 E. S. Erickson" . Auf Seite 23 schreibt E. S. Erickson, dass H. v. Wunsch als Assistent von H. Brochhaus (DEURAG/ NERAG) ihm große Hilfe zukommen lies und H. Brochhaus, der in Erickson's Aufzeichnungen immer irrtümlich als "Brockhaus" Erwähnung findet, hierüber in Unkenntnis gelassen wurde. Als Gegenleistung bestätigte Erickson die Mitarbeit v. Wunsch schriftlich in einem Dokument das auf Erickson's Firmenpapier, der Pennco Bensin A/B, geschrieben wurde. Dieses Dokument sollte H. von Wunsch, im Falle der Besetzung durch die Alliierten, eine Rückversicherung sein.

Darin steht geschrieben nach E. S. Erickson Aufzeichnungen:

"...

An den amerikanischen oder britischen Offizier,

der Autor ist Eigentümer des oben genannten Unternehmens und Absolvent der Cornell Universität. Er hatte im Interesse der Alliierten Deutschland bereist und wurde von Hr. Horst von Wunsch unterstützt. Sie werden daher alle Hilfe, die er benötigt, auch in dem Ausmaß, ihn notfalls außer Landes zu bringen, veranlassen. Diese Erklärung hat die Zustimmung des amerikanischen Gesandten in Schweden Hr. Hershel Johnson und Hr. Walter Surry von der selbigen Gesandtschaft. Die Bestätigung des oben genannten, kann in Schweden bei den benannten Stellen eingeholt werden.

gezeichnet

E. S. Erickson

..."

Weiterhin gibt v. Wunsch in einem Ergänzungsbogen zu dem Fragebogen (Addendum to Fragebogen/ 28. Januar 1946, Entnazifizierungsakte) an, dass folgende Personen Aussagen zu seiner politischen Einstellung machen könnten:

  • Hr. W. Hill Direktor Luftfahrtabteilung Shell, Asiatic Petr. Co, London, St.Hellens Court, Great St.Hellens

  • General Jim Doolittle

TV-Tipp: Arte Programm 06. Mai 2025, 22:55 Uhr

Link: DER VERGESSENE SPION (arte.tv Mediathek)

Amerikanischer Spion oder Nazi-Verräter? Die unerzählte Geschichte von Eric Erickson

War Eric Erickson ein mutiger Held, dessen Intelligenz dazu beitrug, das Ende des Zweiten Weltkriegs zu beschleunigen – oder ein Geschäftsmann, der von den Geschäften mit den Nazis profitierte?

Als einer der bedeutendsten und rätselhaftesten Spione des Krieges gilt Erickson, Geheimdienstinformationen über die Treibstoffproduktion der Nazis geliefert zu haben, die den Konflikt verkürzt haben könnten. Seine Geschichte inspirierte sogar einen Hollywood-Film. Doch sein Vermächtnis ist voller Widersprüche. Auch nach Kriegsbeginn betrieb er weiterhin Ölgeschäfte mit Nazi-Deutschland, unterhielt Kontakte innerhalb der SS und hinterließ Briefe voller Ungereimtheiten. Wer war Eric Erickson wirklich? Ein tapferer Agent oder ein Kollaborateur? Der Film begibt sich auf eine weltweite Suche nach Antworten. In den USA bringt sein Großneffe Joe Erickson Licht auf den Mann hinter der Legende. In Schweden hinterfragt Maja Willner seinen Ruf, in Deutschland geht Matthias Koch seinen Verstrickungen mit der deutschen Ölindustrie nach. Bei der akribischen Untersuchung von Archivfotografien und -dokumenten entsteht ein komplexes und facettenreiches Porträt von Eric Erickson.